Brandterhof

Das Kreuzherrenkloster zu Venlo als Grundeigentümer in Leuth

Von Josef Funken, Breyell

Das im Jahre 1399 gegründete Kreuzherrenkloster zu Venlo an der Klaasstraat, dessen Besitz durch die Franzosen 1797 verstaatlicht und dessen Gebäude mit der Kirche im letzten Kriege zerstört wurden, verfügte im Ausgang des 18. Jahrhunderts in Venlo und den umliegenden orten Süchteln, Bracht, Breyell, Leuth über ganz erheblichen Grundbesitz, der zum größeren Teil durch Vermächtnisse und zum kleineren Teil durch Ankäufe an das Kloster gekommen war. Die bedeutenden jährlichen Einkünfte aus diesem Besitz setzten die Kreuzherren instand, ihre Aufgaben zu erfüllen.

Der Klosterbesitz in der Gemeinde Leuth machte nahezu ein Siebtel der damaligen gesamten Ackerfläche der Gemeinde aus. Er bestand aus den drei großen Höfen Tüllingsgut, Thevengut und Branderhof; außerdem hatte das Kloster kleinere Besitzungen und einige Renten erworben. Der älteste Verkaufsbrief datiert vom Jahre 1460 auf Sankt Bernards Abend, mit dem die Gebrüder Gerhart und Wilhelm Roesen, damals Besitzer des Roesenhofes (der auch Hansenhof hieß und ursprünglich ein Teil des großen Hofes Leuth war), erklären, aus ihren Gütern an die Kreuzherren zu Venlo ein Haus mit einem Hof und seinem Zubehör von insgesamt fünfzig Morgen verkauft zu haben.

Dieses Erbe habe Jakob von Kreckenbeck seiner Zeit angekauft, es sei gelegen an der Lomstraße gegenüber Aleit’s van Baerle Hof. Aleits Hof war aber der Hof Hampoel (heute Dammer/Seves); der 1460 verkaufte Hof lag diesem Hof Hampoel gegenüber an der Lomstraße und war die heutige Hofstelle Fritz Dellen, die früher einen größeren Hof darstellte, auf dem als Pächter vor 1800 unter anderen die Familien Dammer und Kerren saßen.

Sechszehn Jahre später erschienen vor Reiner von Holthusen, Drost des Amtes Krickenbeck, und vor den Schöffen der Dingbank in Leuth „Willem Roesen van Leuyt und Agnes van ghen Houth (von Holt), Eheleute“, und bekennen, daß sie mit Genehmigung ihres Lehnsherren 28 Morgen Ackerland aus dem an der Lumstraten gelegenen Gut Gruythuyserhof an die Kreuzherren zu Venlo verkaufen. Es handelte sich hierbei um drei große Flurstücke, die im Felde zwischen Leuth und Kaldenkirchen lagen; der Kaufpreis betrug 125 Gulden.

Wegen dieses Verkaufs legte um das Jahr 1550 – also 74 Jahre nach Verkaufsabschluß – Wilhelm von Wachtendonk, damals Mitbesitzer des Rosenhofes in Leuth, vor dem Leuther Gericht Klage ein und führte zur Begründung aus, daß Herzog Arnold von Geldern untersagt habe, Erb-, Lehn- und Zinsgüter an Klöster zu verkaufen, weshalb das veräußerte Ackerland an die rechtmäßigen Erben des Wilhelm Roesen fallen müsse. Die Schöffen von Leuth schienen dieser Sache jedoch nicht gewachsen zu sein und zogen im Jahre 1559 an den Gerichtshof zu Roermond, um sich dort Rat zu holen. Der Klage blieb der Erfolg versagt, das Kloster erfreute sich weiterhin des ungestörten Besitzes.

Der nächste Klostererwerb in Leuth erfolgte am 2. Februar 1479 wiederum Rosenhof. An diesem Tage geben Heincken Noeten, Gossen Koenen und Schöffen der Dingbank von Leuth die Erklärung ab, daß vor ihnen Wilhelm Rosen und Agnes in ghen Holt, Eheleute, erschienen sind und bekannt haben, sie hätten seiner Zeit 28 Morgen Ackerland aus einem Grefengutshof zu Leuth an die Venloer Kreuzherren verkauft. Sie übergeben nun den Kreuzherren zwei Stücke Heideland, 3,5 Morgen und 0,25 Morgen groß, das Roesen-Heitken geheißen, an der Landwehr gelegen neben dem 14 Morgen von den verkauften 28 auf Kaldenkirchen zu für eine Summe Geldes, für dessen Empfang sich Rosen bedankt. Er bittet seinen Feund Helwig von Baerle, an diesen Verkaufsbrief auch sein Siegel anzuhängen.

Ein größerer Einkauf gelang den Kreuzherren am 16. Januar 1484, als Bruder Peter Tzartzyn und Agnes van der Berken aus dem Kloster i der Oede (Genooij) bei Venlo bekennen, an die Kreuzherren den in Leuth gelegenen Hof am Brandt mit allem Zubehör verkauft zu haben. Diesen Hof hatte im Jahre 1430 Reiner Berken seiner Tochter, die als Nonne in das Kloster in der Oede eingetreten war, zur Hälfte als Mitgift. Die zweite Hälfte dieses Hofes übergaben am 22. November 1461 Marsilis von Beringen und seine Ehefrau Galent an dasselbe Kloster zur Aussteuer ihrer Tochter Galent, die dort Nonne geworden war. Das Kloster besaß damit den ganzen Hof Brandt, der durch Arrondierung mit später aus dem Gruythuyserhof gekommenen Flächen erheblich vergrößert wurde. Zu diesen Verkäufen gab der Leuther Pastor Borgard van der Aar als Latenherr (Laten sind Inhaber kleinerer Pachthöfe) seine notwendige Zustimmung. Auch den Verkauf vom Jahre 1484 genehmigte Pastor Johann van Zeller in gleicher Eigenschaft.

In den Jahren 1485 bis 1524 erwarb das Kloster einige Erbzinsen und Renten zu Leuth, darunter eine von den Eheleuten Henrick op ter Heiden und Beil (Sibylla), die auf einem Hofe zu Leuth steht, und drei Johannes-Horns-Gulden jährlich auf die Kirche zu Leuth für Messwein von Jakob und Katharina Mollener.

Am 1. Mai 1495 vermacht Tryn op der Lucht, die auf den Tüllingsgut wohnte, dem Kloster ihr Haus zu Leuth. 1506 erschienen vor Theis van Baerle, Willem Noeten und den Schöffen von Leuth die Eheleute Heinke und Sting Noete, die das Tüllingsgut besitzen, und geben die Erklärung ab, dass sie den Kreuzherren in Venlo fünf Rheinische Gulden Erbrente verkauft haben. Schließlich verkaufen die Leuther Schöffen Jakob Kamp (Neuenkamp, Neuwen), Wilhelm Tüffers, Thewis Meyners, Syb aen gen Eindt, Lambert Noeten und Jakob Tuyllings als Vertreter der Gemeinde Leuth dem Kloster „ein Stück Erff“, gelegen in Leuth, für eine Summe Pfennige. Dies geschah am 1. April 1581.

Wie der andere Leuther Grundbesitz musste auch das Klostergut damals zu den Bezügen des Leuther Pfarrers einen Beitrag leisten. Er wird für das Jahr 1573 für 18 Morgen Land mit 7 Denaren und für den Hof Brandt mit 8 Denaren angegeben. (Ein Denar war rund zwanzig Pfennige von etwa zehnfachem Kaufwert.)

Das Venloer Kloster bot die Möglichkeit der Niederlassung für ältere oder alleinstehende Personen, die dort ihren Lebensabend verbringen konnten. Dies tat im Jahre 1590 ein gewisser Dirk van Leuth, der dafür 100 brabantische Gulden dem Kloster zuwandte. Kleinere spätere Erwerbe und Veränderungen sind nicht wesentlich gewesen, zumal in den beiden letzten Jahrhunderten vor der Säkularisation die Tendenz zur Abgabe landwirtschaftlicher Nutzflächen an Kirchen und Klöster stark gesunken war.

In der Gemeinde Leuth umfasste der seit alters umfangreiche Klosterbesitz um das Jahr 1795. kurz vor der Verstaatlichung, zunächst den Teerlings- oder Tüllingshof, dessen größe mit über 59 Morgen angegeben ist und den Lambert Lenßen (mit seiner Frau Katharina Noeten, deren Familie weit über 200 Jahre auf dem Hof sitzt) als Pächter bewirtschaftet. An der Pacht hat er jährlich 110 Gulden, ein Malter Weizen, zwölf Malter Roggen, sechs Malter Buchweizen, drei Malter Hafer und 70 Pfund Flachs aufzubringen. Das Pachtaufkommen beträgt nach Abzug der Instandhaltungskosten für die Gebäude 301 Gulden (1789).

Der zweite Hof ist der Theven- oder Teuwenhof, über 60 Morgen groß, gepachtet von Jan Dirix (Derichs, Dierichs), der die gleichen Abgaben zu leisten hat wie Lambert Lenßen. Die Pacht brachte jährlich 269 Gulden.

Der größte Klosterhof in Leuth war der Brandterhof mit über 75 Morgen, dessen Pächter damals Gerhard van Dyck war. Er hatte an Pacht 110 Gulden, zehn Malter Roggen, fünf Malter Buchweizen und 40 Pfund Flachs aufzubringen. Der Reinertrag war nur 182 Gulden. Der verhältnismäßig niedrige Pachtertrag war auf die Tatsache zurückzuführen, daß der Hof durchweg Boden geringerer Qualität hatte.

Karte von 1570
Auszug einer historischen Karte von 1570

Zählen wir die Betriebsgrößen dieser drei Klosterhöfe zusammen, so ergibt sich eine Gesamtfläche einschließlich einzelner kleinerer Parzellen von rund 200 alten Morgen. Zieht man nun zum Vergleich die gesamte Ackerfläche in der Gemeinde Leuth an, die um 1720 kaum 1400 Morgen betrug, so war ungefähr ein siebtel der Acker in der Gemeinde Leuth in Händen des Kreuzherrenklosters. Dieser Besitz, dessen 200 alte Morgen etwa 250 neuen Morgen oder 62,5 ha entsprechen, würde heute bei einem Bodenpreis von durchschnittlich 2 DM/qm einen Verkehrswert von 1,25 Millionen DM darstellen. Diese Zahl vermittelt einen Maßstab vom Umfang des Besitzes eines Klosters allein in der kleinen Gemeinde Leuth.

Das Kloster verlor wie alle anderen seinen gesamten Grundbesitz in der Säkularisation; er wurde von der französischen Regierung zum Verkauf gestellt und ging, soweit er in Leuth lag, restlos in Privathand über. Der Tüllingshof ging über Lambert Lenßen, der ihn gekauft hatte, auf dessen Nachkommen Berten und ist heute mit einer inzwischen stark verkleinerten Wirtschaftsfläche im Eigentum der Witwe Hubert Berten. Das Wohnhaus wurde ausweislich der Maueranker im Jahre 1661, nach dem Brand des Hofes und des ganzen Dorfes Leuth im Dreißigjährigen Krieg, neu errichtet und im vorigen Jahrhundert renoviert.

Der Brandterhof im Jahr 1934
Der Brandterhof im Jahr 1934

Der Theven- oder Teuwenhof lag an der May auf den heutigen Hofflächen Hüren, Engenhorst, Heinen (Tissenenkes). Die baufällig gewordenen Hofgebäude wurden vor etwa 300 Jahren durch neue Hofstellen ersetzt. Später bildeten sich daraus zuerst 2 Hofstellen, im vorigen Jahrhundert kam die Hofstelle Hüren hinzu.

Der Branderhof kam im 19. Jahrhundert durch Kauf an die Familie van der Kuhlen in Kaldenkirchen. Dieser Hof war im Laufe der Zeit an Fläche ganz erheblich gewachsen, wobei vor allem Rodungen in den ,,neuen Erben“ eine große Rolle spielten. Von den Kuhlen scheint außerdem eine Reihe nahe gelegener Parzellen dem Hof angefügt zu haben. Seine Größe betrug um das Jahr 1880 rund 250 Morgen. Vermutlich um das Jahr 1910 wurde der Hof an Wilhelm Janßen aus Süchteln verkauft, dessen Söhne Dietrich und Heinrich ihn mit zwei getrennten Hofstätten bewirtschafteten.

Brandterhof
Der heutige Branderhof um 1900 (Zeichnung von Helmar Kubanek, Katasteramt)